Beschluss: Einstimmig beschlossen

Abstimmung: Ja: 14, Nein: 0, Anwesend: 16, Befangen: 2

Sachverhalt:

 

Am 03.11.2022 hat der Gemeinderat beschlossen, den Entwurf der 4. Änderung des Flächennutzungsplans im Bereich des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Agrovoltaik bei Lautertal“ und den Entwurf des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Agrovoltaikanlage bei Lautertal“ zusammen mit seiner Begründung einschließlich Umweltbericht öffentlich auszulegen (§ 3 Abs. 2 BauGB).

 

Am 04.11.2022 ging per E-Mail das als Dokumentenanhang beigefügte „Schreiben gegen das geplante Bauvorhaben Agrovoltaikanlage bei Lautertal“ ein. Hierin wurde auch auf die ebenfalls als Dokumentenanhang beigefügte Petition hingewiesen.

 

Um einen Dialog zwischen der von dem Vorhaben betroffenen Nachbarschaft, dem Planungsbüro, dem Vorhabensträger, der Gemeinde sowie Vertretern der Fachbehörden (hier insbesondere Untere Immissionsschutzbehörde) zu ermöglichen, wurden die Anwohner der obersten Reihe des Baugebietes Gaisäcker am 22.11.2022 zu einem gemeinsamen Ortstermin eingeladen. Bei diesem Termin wurden von den Bürgern verschiedene Argumente gegen das geplante Vorhaben vorgetragen, welche dann am 08.12.2022 mit dem als Dokumentenanhang beigefügten „2. Schreiben zur Ablehnung des geplanten Bauvorhabens der Agrovoltaikanlage bei Lautertal“ der Gemeinde zusammengefasst mitgeteilt wurden. Der Vorhabensträger und das Planungsbüro haben im Nachgang des Ortstermins Änderungen an der Planung in Aussicht gestellt, welche die Wirkung auf die betroffene Nachbarschaft verringern soll.

 

Die Gemeindeverwaltung hat sich mit den von der Öffentlichkeit vorgetragenen Einwendungen unter Einbeziehung des Planungsbüros auseinandergesetzt und empfiehlt dem Gemeinderat diese, wie im Beschlussvorschlag dargestellt, zu würdigen.

 

 

Aus der Beratung:

 

Der Geschäftsleitende Beamte Cedric Lindner verliest ein weiteres Schreiben der Anwohner zur Ablehnung des geplanten Bauvorhabens „Agrovoltaikanlage bei Lautertal“, welches nicht fristgerecht eingereicht wurde. Im Anschluss erläutert er den Vorschlag zum Beschluss, bei dem auf die Einwendungen der Öffentlichkeit Bezug genommen wurde. Zu Punkt 4 „Strahlenbealstung“ wird erklärt, dass von Elektrogeräten im Haus eine höhere Strahlkraft ausgeht als von einer Agrovoltaikanlage, die mit Abstand zu den Wohnhäusern errichtet wird. Zu Punkt 5 „Blendwirkung“ erläutert Herr Sebald vom Planungsbüro, dass die Blendung in der LAI-Richtschutzlinie definiert wird. Gemessen werden hier Stärke, Dauer und Richtung der Blendung (Reflexion auf Wohnbebauung). Die Blendung liegt hier aber unterhalb der angenommenen Grenzwerte.

 

Eine betroffene Anwohnerin bittet den Ersten Bürgermeister Karl Kolb um Rederecht.

Erster Bürgermeister Karl Kolb lässt daraufhin den Gemeinderat über das Rederecht in der öffentlichen Sitzung abstimmen. Der Gemeinderat lehnt ein Rederecht der Anwohnerin einstimmig ab.

 

(Einstimmig abgelehnt    Ja 0   Nein 16   Anwesend 16)

 

Zweiter Bürgermeister Martin Rebhan möchte wissen, ob es beim geplanten Projekt rechtliche Beanstandungen gibt und ob eine Klage möglich ist. Der Geschäftsleitende Beamte Cedric Lindner teilt mit, dass keine rechtlichen Beanstandungen vorliegen und dass die Möglichkeit zur Klageerhebung besteht. Die Planungshoheit liegt bei der Gemeinde.


Beschluss:

 

Der Gemeinderat beschließt, die von der Öffentlichkeit vorgebrachten Einwendungen wie folgt zu würdigen:

 

1.       Einschränkung des Orts- und Landschaftsbildes

 

Jede größere Baumaßnahme hat Auswirkung auf das Orts- und Landschaftsbild. Diesem ist sich die Gemeinde bewusst. Unter anderem deshalb hat der Gemeinderat beschlossen, den Bau von Freiflächenphotovoltaikanlagen auf Bereiche in der Umgebung der BAB 73 zu beschränken, da hier der Eingriff in die Landschaft bereits erfolgt ist. Dennoch ist klar, dass die geplante Agrovoltaikanlage, auch aufgrund der Nähe zum Baugebiet Gaisäcker, einen nicht zu vernachlässigenden Eingriff in das Landschaftsbild darstellt. Dies wird auch von der Unteren Naturschutzbehörde so gesehen. Die geplante Eingrünung der Anlage wird als geeignetes Mittel gesehen, diesen Eingriff so gering wie möglich zu halten.

 

2.       Erwartbare Wertminderung einzelner Immobilien (u.a. Hohe Leite)

 

Wie das Bundesverwaltungsgericht im Beschluss vom 09.02.1995, Az.: BVerwG 4 NB 17/94 festgestellt hat, sind die Auswirkungen, die die Errichtung von baulichen Anlagen in der Umgebung eines Grundstücks auf dessen Verkehrswert haben, allein keine für die planerische Abwägung erheblichen Belange. Es komme vielmehr auf die von der (neu) zugelassenen Nutzung unmittelbar zu erwartenden tatsächlichen Beeinträchtigungen an. Diese sind von den beteiligten Fachstellen (v.a. Untere Immissionsschutzbehörde) im Verfahren geprüft worden und bewegen sich allesamt im zulässigen Rahmen.

 

3.       Erhöhtes Lärmaufkommen durch Trafohäuschen und Hühner/ Geruchsbelastung durch Hühner

 

Die Trafohäuschen sind in diesem Abstand nicht mehr zu hören (vgl. Umweltbericht). Lärm und Geruch durch Hühner sind in diesem Abstand auch unwahrscheinlich, wären aber als ortsverträglich hinzunehmen. Die Geräuschentwicklung ist schon daher stark eingegrenzt, da auf das Halten von Hähnen verzichtet wird.

 

4.       Strahlenbelastung

 

Es gibt keinerlei wissenschaftliche Belege über negative Auswirkungen von Strahlenbelastung bei solchen Anlagen.

Photovoltaikmodule sind so hergestellt, dass sie sich innerhalb der vom Umweltbundesamt vorgegebenen Werte für elektromagnetische Strahlung bewegen.

 

5.       Blendwirkung

 

Das Blendgutachten stellt tatsächlich eine Blendwirkung fest, sagt allerdings auch, dass diese sich innerhalb der LAI-Richtschutzlinie befindet und damit zumutbar ist.

 

6.       Abstand

 

Der Abstand ist eingehalten. Nach Auskunft des Fachbereichs Bauwesens im Landratsamt wird nach einer ungeschriebenen Regel ein Abstand von Freiflächenphotovoltaikanlagen zu Wohnbebauung von 100 m als ausreichend angesehen.


 

7.       Alternativstandorte

 

Bei der Frage nach Alternativstandorten müssen verschiedene Punkte betrachtet werden. Zum einen hat sich die Gemeinde, wie bereits erwähnt, bei Freiflächenphotovoltaikanlagen auf Bereiche in der Umgebung der BAB 73 festgelegt. Zum anderen handelt es sich bei dem geplanten Vorhaben nicht um das eines Energieunternehmens auf gepachteten Flächen, sondern um das eines örtlichen Landwirtschaftsbetriebs aus Oberlauter, welcher den Bau auf dem familieneigenen Grundstück plant, wodurch allein aufgrund der geplanten Hühnerhaltung eine gewisse Nähe zum Betriebssitz bestehen muss. Die in anderem Privatbesitz befindlichen in Frage kommenden Grundstücke in Ober- und Unterlauter wurden im Wesentlichen im Vorfeld der Planung des Bürgersolarparks Lautertal angefragt und sind darin enthalten. Darüber hinaus bestand seitens der Grundstückseigentümer keine Bereitschaft zur Nutzung ihrer Flächen mit Photovoltaik.